Insolvenzverschleppung liegt vor, wenn ein Unternehmen bei Zahlungsunfähigkeit nicht innerhalb von drei Wochen oder bei Überschuldung nicht innerhalb von sechs Wochen einen Insolvenzantrag beim Amtsgericht stellt.
Wird diese
Frist überschritten, drohen
rechtliche
Konsequenzen.
Insolvenzverschleppung betrifft ausschließlich Kapitalgesellschaften. Diese sind bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung verpflichtet, einen Insolvenzantrag zu stellen.
Kapitalgesellschaften, die betroffen sind:
Personen, die nicht für Insolvenzverschleppung belangt werden können:
Diese Personen sind nicht verpflichtet, einen Insolvenzantrag zu stellen und können daher nicht wegen Insolvenzverschleppung belangt werden.
Insolvenzverschleppung zählt zu den häufigsten Straftaten im Insolvenzrecht.
Ein Verstoß liegt vor, wenn die Verantwortlichen einer Kapitalgesellschaft, wie etwa einer GmbH, den Insolvenzantrag bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung nicht rechtzeitig oder gar nicht stellen. Die Antragspflicht obliegt Geschäftsführerinnen, Vorständen oder anderen gesetzlichen Vertreterinnen.
Diese Paragraphen bestimmen, wann ein Insolvenzantrag wegen Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung erforderlich ist.
Die Insolvenzantragsfrist beginnt mit dem Eintritt eines Insolvenzgrundes. Entscheidend ist nicht, wann die Geschäftsführer den Grund bemerken, sondern wann sie ihn hätten bemerken müssen. Ab diesem Moment beginnt die Frist.
Die Fristdauer richtet sich nach dem jeweiligen Insolvenzgrund:
• Bei drohender Zahlungsunfähigkeit beträgt die Frist drei Wochen (§ 18 Abs. 2 InsO).
• Bei Zahlungsunfähigkeit beträgt die Frist drei Wochen (§ 15a InsO).
• Bei Überschuldung beträgt die Frist sechs Wochen (§ 19 Abs. 2 InsO).
Da diese Fristen sehr kurz sind, kann auch eine verspätete Antragstellung als Insolvenzverschleppung gelten.
Insolvenzverschleppung stellt eine Straftart dar:
Die Folgen können ein Geschäftsführerverbot, die Versagung der Restschuldbefreiung und Geld- oder Freiheitsstrafen sein.
Die Höhe der Strafe hängt davon ab, ob die Insolvenzverschleppung vorsätzlich oder fahrlässig begangen wurde. Bei vorsätzlicher Insolvenzverschleppung drohen gemäß
§ 15a InsO bis zu drei Jahre Haft oder eine Geldstrafe.
Bußgelder Beispiele:
Bei Insolvenzverschleppung können empfindliche Bußgelder und Freiheitsstrafen verhängt werden. Ein Beispiel aus folgendem Artikel sind 110 Tagessätze von etwa 70 Euro plus Verfahrenskosten.
Freiheitsstrafen Beispiele:
Die Höchststrafe für vorsätzliche Insolvenzverschleppung beträgt bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe. Bei fahrlässiger Insolvenzverschleppung droht eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr, alternativ eine Geldstrafe.
Zudem kann ein fünfjähriges Geschäftsführerverbot verhängt werden.
Aktuelle Urteile können Sie hier aufgelistet finden:
https://urteile-gesetze.de/insolvenzverschleppung-urteile
Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied am 27. Juli 2021, dass eine vorsätzliche Insolvenzverschleppung, die darauf abzielt, die Insolvenz eines Unternehmens zu verzögern, eine sittenwidrige Schädigung gemäß § 826 BGB ist, wenn der Schuldner dabei die Schädigung der Gläubiger bewusst in Kauf nimmt.
In einem weiteren Urteil vom 29. Juni 2023 (IX ZR 56/22) entschied der BGH, dass auch Berater des Unternehmens haften können. Eine Haftung des Steuerberaters kann daher bei Insolvenzverschleppung bestehen, selbst wenn dieser nur mit der Erstellung des Jahresabschlusses beauftragt war.
Eine Ausnahme besteht, wenn die GmbH mit ihren Gläubigern verhandelt und einen späteren Zahlungstermin vereinbart.
Für die Gläubigerverhandlung gilt eine maximale Frist von drei Wochen. Kommt es innerhalb dieser Frist zu keiner Einigung, muss der Insolvenzantrag unverzüglich gestellt werden.
Bei Verletzung dieser Pflicht droht dem Geschäftsführer eine zivilrechtliche Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB und eine strafrechtliche Verfolgung nach § 283 StGB (Bankrott).
Während der Corona-Pandemie gab es zeitweise Ausnahmen von der Insolvenzantragspflicht.
Zwischen dem 1. März 2020 und dem 30. September 2020 war die Antragspflicht in bestimmten Fällen ausgesetzt. Dies galt nur, wenn die Insolvenz durch die Pandemie verursacht war, das Unternehmen am 31.12.2019 zahlungsfähig war und eine Aussicht bestand, die Zahlungsunfähigkeit später zu beheben.
Auch in der Coronakrise galt die Befreiung nicht automatisch. Die Regelung griff nur unter strengen Voraussetzungen.
Geschäftsführer haften persönlich für Schäden durch eine verspätete Insolvenzantragsstellung. Zahlungen, die nach Eintritt der Insolvenzreife erfolgen, können zur Haftung führen.
Zu den Haftungsrisiken zählen Schadensersatzforderungen von Gläubigern, die durch Zahlungsausfälle betroffen sind, sowie die Haftung für nicht gezahlte Steuern und Sozialversicherungsbeiträge. Diese finanziellen Konsequenzen können das Privatvermögen betreffen und existenzbedrohend sein.
Bei vorsätzlicher Insolvenzverschleppung drohen Geldstrafen oder bis zu drei Jahre Haft.
Bei fahrlässiger Insolvenzverschleppung kann eine Geldstrafe oder bis zu ein Jahr Haft verhängt werden.
Eine Verurteilung kann die berufliche Laufbahn und das Privatleben erheblich belasten.
Einige Anzeichen können auf eine bevorstehende Insolvenz hinweisen:
Wenn das Unternehmen in Zahlungsnot gerät oder überschuldet ist, muss die Geschäftsführung unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung (§§ 17, 19 InsO), einen Insolvenzantrag stellen. Bei einem Verlust von mindestens 50 % des Stammkapitals ist zudem unverzüglich eine Gesellschafterversammlung einzuberufen.
Die Geschäftsführung muss eine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit aktiv vermeiden. Mögliche Maßnahmen umfassen:
Welche Maßnahme im Einzelfall geeignet ist, entscheidet die Geschäftsführung.
Die Einbeziehung externer Berater kann helfen, die notwendigen Schritte zur Insolvenzvermeidung korrekt durchzuführen. Für die persönliche Haftung der Geschäftsführung ist es entscheidend, dass alle erforderlichen Schritte zur Vermeidung einer Insolvenz nachweisbar sind.
Stellt sich heraus, dass das Unternehmen bereits vor dem Insolvenzantrag zahlungsunfähig oder überschuldet war, haftet die Geschäftsführung persönlich. Gläubiger, deren Forderungen vor der Insolvenzantragspflicht entstanden sind, erhalten oft nur eine geringe Insolvenzquote, meist unter fünf Prozent. Bei rechtzeitiger Antragstellung könnte die Quote oft deutlich höher ausfallen, was die Haftung der Geschäftsführung verringern würde.
Betroffene einer Ermittlungen wegen Insolvenzverschleppung sollten Folgendes beachten:
Frühwarnsysteme sind ein wichtiger Teil des Risikomanagements.
Sie helfen, mögliche Risiken früh zu erkennen und rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen. Die Unternehmensführung trägt dafür die volle Verantwortung.
Der Vorstand einer Aktiengesellschaft muss gesetzlich ein Überwachungssystem einrichten. Dieses System dient dazu, Entwicklungen zu erkennen, die die Existenz des Unternehmens bedrohen könnten. Bei einer GmbH besteht keine ausdrückliche gesetzliche Pflicht. Dennoch ergibt sich diese Verantwortung aus der allgemeinen Sorgfaltspflicht des Geschäftsführers.
Ein Frühwarnsystem muss nicht alle Risiken abdecken, sondern konzentriert sich auf Risiken, die die Existenz des Unternehmens gefährden. Die Verantwortung der Geschäftsführung nimmt mit der Größe und Komplexität des Unternehmens zu. Auch kleinere Unternehmen sollten ein Frühwarnsystem nutzen, um die Organisation zu sichern.
Zusätzlich sollten Maßnahmen zur Risikovermeidung entwickelt werden. Dazu zählen Leitlinien oder technische Sicherheitsstandards. In bestimmten Fällen kann ein Versicherungsschutz sinnvoll sein, um finanzielle Risiken abzufedern.
Ein Ermittlungsverfahren startet meist mit einer Anzeige. Häufig reicht der Insolvenzverwalter diese ein, doch auch Gläubiger oder Mitarbeiter können die Staatsanwaltschaft informieren.
Nach Eingang der Anzeige fordert die Staatsanwaltschaft meist Einsicht in die Unterlagen des Unternehmens und befragt die Geschäftsleitung und Mitarbeiter. In seltenen Fällen durchsucht sie die Geschäftsräume.
Ein Strafverteidiger übernimmt eine entscheidende Aufgabe. Er bringt entlastende Argumente vor und versucht, eine Einstellung des Verfahrens zu erreichen.
Lehnt die Staatsanwaltschaft eine Einstellung ab, erhebt sie Anklage. Das Gericht prüft, ob es das Hauptverfahren eröffnet oder die Anklage zurückweist. Alternativ kann ein Strafbefehlsverfahren folgen, bei dem das Gericht ohne Hauptverhandlung eine Strafe festlegt. Ein Einspruch führt dann zu einer öffentlichen Gerichtsverhandlung.
Hält das Gericht eine Verurteilung für wahrscheinlich, eröffnet es das Hauptverfahren. Es folgt mindestens eine mündliche Verhandlung, die mit einer Verurteilung oder einem Freispruch endet.
Die Pflicht zur Insolvenzanmeldung betrifft Unternehmen ohne persönlich haftende natürliche Personen. Verantwortlich sind Personen mit Einblick in die Finanzen und Unternehmensleitung.
Bei einer GmbH ist der Geschäftsführer in der Regel dafür zuständig. Fehlt der Geschäftsführer, können die Gesellschafter verantwortlich werden. Bei einer AG, eingetragenen Genossenschaft oder Personengesellschaften liegt die Verantwortung bei den vertretungsberechtigten Organen der haftenden Gesellschaften.
Befindet sich das Unternehmen in Liquidation, kann die Insolvenzantragspflicht auf die für die Abwicklung verantwortlichen Personen übergehen.
Auch ein sogenannter "faktischer Geschäftsführer" kann betroffen sein. Das sind Personen, die durch ihr Verhalten und ihre Entscheidungen die Geschäfte prägen, obwohl sie keine offizielle Position als Geschäftsführer haben.
Sollte die Geschäftsführung der
Insolvenzverschleppung oder einer anderen Insolvenzstraftat beschuldigt
werden,
sollte keine voreiligen Aussagen gegenüber den Ermittlungsbehörden getroffen werden. Stattdessen sollte sofort ein Fachanwalt oder ein professioneller Insolvenzberater konsultiert werden.
Unser Angebot zur
unverbindlichen Erstberatung bietet Ihnen frühzeitig Unterstützung bei allen wichtigen insolvenzrechtlichen Fragen. Wir stehen Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung, um Sie kompetent zu beraten und zu unterstützen.
Warten ist keine Option:
Unternehmer müssen prüfen, ob eine Insolvenzantragspflicht besteht.
Die Vorgaben zur Zahlungsunfähigkeit sind strikt und erfordern sofortige Aufmerksamkeit.
Zögern oder Unsicherheit können zu Insolvenzverschleppung führen – dies wird mit Geldstrafe oder bis zu einem Jahr Haft geahndet.
Die
Geschäftsführung muss regelmäßig feststellen, ob eine Antragspflicht vorliegt. Bei Unsicherheit sollte frühzeitig ein
Insolvenzberater oder Rechtsexperte eingeschaltet werden.
*Termine am Samstag immer nur am ersten Samstag des Monats und nur für Berufstätige oder selbständig tätige, wenn ein Termin unter der Woche nicht möglich ist. Telefonate können Samstags nicht entgegengenommen werden! Sonntag und Feiertage geschlossen.